Histo Kutsche

 

Eine Kutsche ist ein gefedertes Fuhrwerk, also ein von Zugtieren gezogener, aber jedenfalls gedeckter Wagen. Eine Kutsche kann ein- oder zweiachsig sein, eine geschlossene Karosserie haben oder ein bewegliches Verdeck. Ganz offene Pferdewagen sind definitionsgemäß keine Kutschen.

Postwagen wurden schon in der „Postkutschenzeit“ großzügig auch dann als Postkutschen bezeichnet, wenn die Federung fehlte. Gezogen werden Kutschen fast nur von Pferden, wobei es Ein- und Mehrspänner gibt.

Wortherkunft

Das Wort Kutsche leitet sich vom ungarischen Kocsi „aus Kocs“ beziehungsweise von kocsi szekér „Wagen aus Kocs“ ab. Kocs ist ein bei Győr (Raab) gelegenes Dorf. Ironie der Sprachgeschichte: Die ungarischen Kocsi waren leichte ungefederte Wagen aus Korbgeflecht. In Ungarn war aber im 14. Jahrhundert die elastische Aufhängung des Wagenkastens wieder erfunden worden. Als man dann auch noch den planwagenartigen Witterungsschutz der Kobelwagen durch elegantere Formen des Verdecks ersetzte, setzte sich für die modernen Wagen europaweit die aus dem Ungarischen stammende Bezeichnung durch. Erste deutsche Erwähnungen sind Cotschien Wägnen und Gutschenwagen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, seit der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts tritt auch verselbständigtes Gutsche, Gotzi, Kotsche, Kutze auf.

Geschichte

Schon die Römer benutzten, zumindest ab dem 2. Jahrhundert n. Chr., gefederte Reisewagen. Die Technik ging aber mit dem Niedergang der Antike offensichtlich verloren. Im 15. Jahrhundert wurde die Federung im ungarischen Kocs erneut erfunden. Die erste urkundliche Erwähnung des Wortes kocsi (damals noch kocsy buchstabiert) datiert in das Jahr 1469. Von da an wurde an den Kutschen stetig verbessert, was immer die Entwicklung der Technik hergab. Der große Erfolg dieses komfortablen Kutsch-Wagens, der sich schnell über den ganzen Kontinent ausbreitete, spiegelt sich darin wider, dass in zahlreichen europäischen Sprachen entsprechende Bezeichnungen nach diesem Erfindungsort benannt wurden (und auch heute noch so genannt werden), beispielsweise coach (englisch), Kutsche (deutsch), coche (französisch), cocchio (italienisch), coche (spanisch).

Eine ganze Reihe von Berufen war im Kutschenbau engagiert: z. B. Stellmacher, Tischler, Lackierer, Linierer u. v. A.

Als Privatfahrzeug waren Kutschen auch stets ein Statussymbol, das aber nicht nur durch den Wagen selbst, sondern durch die ganze Equipage ausgedrückt wurde. Mit dem etwa gleichzeitig mit der neuzeitlichen Kutsche aufgekommenen Postwesen wurde die Postkutsche für über zwei Jahrhunderte zum wichtigsten öffentlichen Transportmittel Europas und der Neuen Welt.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts besaß die Stadt Columbus im US-Bundesstaat Ohio mehr als 20 Firmen, die Kutschen produzierten, so dass ein Sechstel aller weltweit produzierten Kutschen aus Columbus stammten. Die Lindner Waggonfabrik in Halle hat auch zur Weltproduktion wesentlich beigetragen: „Bis zum Ende der Kutschenproduktion im Jahr 1912 wurden insgesamt fast 6000 Fahrzeuge geliefert.“

Kutschen waren bis zum Ende des 19. Jahrhunderts das Reisemittel für Überlandreisen schlechthin. Die wohlhabende, britische Familie der Krankenpflegepionierin Florence Nightingale unternahm beispielsweise 1837 bis 1838 eine Reise auf den europäischen Kontinent, für die William Edward Nightingale eine sechsspännige Reisekutsche fertigen ließ, die neben der vierköpfigen Familie Nightingale auf dem Dach der Kutsche auch Raum für zwei Dienstmädchen, einen Diener und einen Boten bot. Erst die Entwicklung des Automobils ließ die Kutsche langsam aus dem Straßenbild verschwinden.

In den wenigsten Ländern ist die Kutsche noch ein wichtiges Transportmittel. In Mitteleuropa wird Gespannfahren heute fast nur noch als Hobby oder Sportart ausgeübt. Im offiziellen Kursbuch der Schweiz existierte 2005 weiterhin eine Kutschenlinie (zwischen Pontresina und Roseggletscher).

 

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kutsche

Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/western-kutsche-usa-amerika-3028671/